Inwiefern besteht bezüglich der rechtlichen Möglichkeiten zum Austausch von Daten und Informationen zwischen Jugendamt und sonstigen Personen im Kontext der Gefährdungseinschätzung gesetzlicher Änderungsbedarf?

Zum Hintergrund: Die derzeitige rechtliche Grundlage lässt sich in § 8a SGB VIII und § 4 KKG finden.

Kommentare

Es besteht kein gesetzlicher Änderungsbedarf, die Gesetze sollten gelebt werden. Es ist erstaunlich, daß im Verdachtsfall immer wieder bereits ausführlich personenbezogene Daten von Schulen und Ärzten etc. an das Jugendamt übermittelt werden, bevor das Gespräch mit den Betroffenen bzw. ihren PSB gesucht wurde. Hier wird häufig zu schnell Verantwortung abgegeben und durch die unauthorisierte Datenübermittlung von Anfang an eine misstrauische und kontraproduktive Atmosphäre geschaffen.

Wir schließen uns den Kommentar von Frau Dr. Barth an. Die Gesetze sind gut & werden nicht konsequent gelebt. Misstrauen statt Vertrauen ist leider immer noch eine erzieherische Leitkultur. Es braucht hier klare Umsetzungen & Instrumente bei allen öffentlichen und freien Trägern, die nachweisbar belegt sein müssen. Zu oft erleben wir überforderte Datenschutzbeauftragte in Städten, die noch nicht einmal antworten können wie lange und in welcher Art Daten nach Hilfeende aufbewahrt werden

Der Datenschutz ist viel zu starr ausgerichtet. Fälle z.B. von kinderpornographischen Materialien auf PC von Vätern werden durch das Ausland (z.B. USA) an uns weitergeleitet, da in Deutschland die Überprüfungsmöglichkeiten kaum gegeben sind. Eingriffe der Justiz bei solchen Vergehen müssen im Vorfeld bereits möglich sein und nicht erst, wenn per Zufall dies nach Außen dringt.

Ich stimme Frau Dr. Barth zu und ergänze: das Jugendamt sollte ein neues Instrument erhalten auf Mitteilungen zu § 8a zu reagieren, wenn die mitteilende Stelle / Person selbst der Handlungspflicht nach §4 KKG hat und dieser nicht nachkommt. Die Person sollte zu den erforderlichen Schritten "verpflichtet" werden, mit Anspruch auf Hilfsprozessmanagement durch den Arbeitgeber oder der Jugendhilfe. Klarstellung: Info an das JU beendet nicht die Zuständigkeit, sondern teilt diese bis zum Fallende.

Die Umstellungen der Verfahrensnorm im § 4 d(KKG) hebeln die Haltung „Schutz durch Hilfe“, die bisher eine Grundlage des § 8a SGB VIII darstellt, aus. Berufsgeheimnisträger haben die Aufgabe, zunächst mit Kindern und Eltern in den Kontakt zu gehen und nach geeigneten Hilfen zu suchen. Im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft gilt es, die vorhandenen Strukturen zu nutzen und die unterschiedlichen Professionen weiter zu schulen. Eine Meldung alleine ist noch lange keine schützende Handlung!

Schulwesen u. Jugendhilfe handeln nach unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Manche Bundesländer haben Ausführungsgesetze für Schulen zum BKiSchG, andere nicht. Rechtsgutachten besagen, dass bei Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung bei einer SchülerIn jeder Bereich (Schulleitung, Lehrkräfte) bzw. Fachkraft der Schulsozialarbeit eigenständig den Kinderschutz durchzuführen hat. Befugnis (§ 4 KKG) bzw. Verpflichtung (§ 8a Abs 4 SGB VIII) zur Datenweitergabe gilt geg. dem JA.
Für die Praxis schwierig.

Teil- und vollstationäre Einrichtungen, JA/ASD und Familie arbeiten bei HzE bestmöglich zusammen. HzE setzt "nicht förderl. Erziehungsbedingungen" voraus und viele Kinder/Jugendl. bekommen in Folge von §8a Gefährdungseinschätzung -> HzE Praxisdilemma: Darf bei späteren Hinweisen auf Gefährdung (im Einzelfall !) ein Datenaustausch zur Hilfe-Anpassung inkl. 'Kontrolle' zunächst ohne Eltern sein, wenn alternativ bei formellen "KWG-Meldung" an das JA der Hilfeabbruch durch Eltern erfolgen würde.

"Melder" einer möglichen Kindeswohlgefährdung (im Rahmen von § 8a SGB VIII, §§ 3 und 4 KKG) möchten und benötigen eine Rückmeldung zum Ergebnis der Gefährdungseinschätzung des Jugendamtes . Diese Inhalte sollten fachlich und datenschutzrechtlich genauer definiert und abgesichert werden.

Die bke vertritt ebenso wie Frau Dr. Barth, dass eine Gesetzesänderung nicht notwendig ist. Die konsequente Umsetzung der bestehenden Regelungen in der Praxis sollte weiter gefördert werden. Dazu gehört insbesondere der Einbezug der betroffenen Kinder/Jugendlichen und Eltern bei der Gefährdungseinschätzung und bei der Gestaltung der Interventionen. Die Umstellung von § 4 KKG, wie im KJSG geplant, würde der Meldung ans Jugendamt zu viel Priorität gegenüber der Beteiligung der Betroffenen geben.

Ich sehe keinen Änderungsbedarf. In der Praxis ist es wichtig, das die "Melder" von vermuteten Gefährdungen Rückmeldung erhalten, dass eine Überprüfung stattgefunden hat und mit welchem (generalisierten) Ergebnis.