Weiterentwicklungsbedarfe bei der Barrierefreiheit

Welche Weiterentwicklungsbedarfe sehen Sie vordringlich für Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe und/oder für einzelne Arbeitsfelder im Hinblick auf ihre Barrierefreiheit?

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Wenn Inklusion flächendeckend gelingen soll, muss jede Schule eine barrierefreie Einrichtung werden. Viele Schulen verfügen nicht über die nötigen baulichen Voraussetzungen. Es besteht oft grundsätzlicher jahrelanger Renovierungsstau, von Barrierefreiheit ganz abgesehen.
Auch die Umsetzbarkeit von Hilfen im Unterricht, bspw. vergrößernde Technik für stark sehbehinderte Kinder und Jugendliche, stößt in der Handhabbarkeit im Unterrichtalltag oft an ihre Grenzen.
De facto müssen Kinder mit Behinderung im Verlauf dann doch oft die Schule wechseln, weil die Handhabbarkeit und die Umsetzung der technischen Hilfsmittel nicht gut gelingt, oft auch durch den zeitlichen Aufwand für, bzw die Einarbeitung in die Technik im Unterrichtsalltag Probleme auftreten.
Der zusätzliche zeitliche Aufwand für Inklusion wird meist nicht bedacht, ist aber existent und muss eingeplant werden.

Leistungsbereiche, in denen junge Menschen mit Behinderungen betreut werden, sind konsequent auf ihre Ausrichtung auf Teilhabe zu überprüfen und bei Bedarf nachzubessern. In Bereichen allerdings, in denen weder gegenwärtig noch voraussichtlich zukünftig junge Menschen mit Behinderungen betreut werden, sollten diese Voraussetzungen allein schon aus Kostengründen nicht umgesetzt werden.

Gibt es außer Pflegefamilien für behinderte Kinder mit erzieherischen Bedarf passende Orte?
Wenn chronisch kranke Kinder (z.B. durch Schütteltraume und ähnliches) in Kriseneinrichtungen untergebracht werden müssen - gibt es so etwas?

Unter Inklusion ist m.E. nicht allein die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen zu verstehen, sondern die Teilhabe aller junger Menschen, unabhängig, welches Verhalten sie zeigen und welche Diagnosen ihnen zugeschrieben werden. Inklusion intendiert „Barrierefreiheit im Hinblick auf alle möglichen Differenzkategorien“ (Kötting 2017:31).
Die Anzahl „nicht erreichbarer“, „entkoppelter“ Jugendlicher, „disconnected youth“, die aus allen institutionellen Kontexten herausfallen und sich weder in schulischer noch in beruflicher Ausbildung befinden, nimmt zu. Bildungsbenachteiligung verursacht dauerhaft gesellschaftliche Probleme. Entkoppelte junge Menschen laufen Gefahr, dauerhaft exkludiert zu werden. Hilfen zur Erziehung sollten m.E. individualpädagogische Massnahmen in Verbindung mit individuellen Schulkonzepten ermöglichen, gesetzlich verankern, erweitern und aufgrund ihrer Effektivität nicht nur den "Schwierigsten", sondern ALLEN zur Verfügung stellen.